Die Entscheidung für ein Nachwuchspferd ist also gefallen. Stellt sich nur die Frage, woher wir unser Nachwuchspferd bekommen. Wir sind sehr zufrieden mit unseren eigenen Pferden. Drei kommen aus der Zucht unserer Freundin Tanja, das vierte haben wir selber gezüchtet. Die gekauften kamen nach dem Feldtest zu uns. Es wäre naheliegend wieder ein Pferd von Tanja zu kaufen. Sie hat jedoch kein Pferd zum Verkauf…
Quinn, Luna und Samira haben wir ab Feldtest von Tanja gekauft. Bei Luna habe ich mein Interesse schon als sie noch ein Fohlen war bekundet. Die Entscheidungen für Quinn und Samira fielen vor dem Feldtest. Alle habe ich bereits vor dem Feldtest kennengelernt und auch die Ausbildung verfolgen können. Das hat mir ein gutes Gefühl gegeben. Ich habe ihre Stärken und ihre Schwächen während der Ausbildung zum Feldtest mitbekommen. Tanja war da sehr transparent. Wenn ich Tanja besuchte, konnte ich bei Trainingseinheiten zu sehen, teilweise auch schon selber etwas machen. Das war natürlich toll. Ich bekam bereits in dieser Phase ein Gefühl dafür, was auf mich zu kommt, ich bekam eine Vorstellung davon, worauf ich bei den einzelnen Pferden achten muss und die Problemlösungsstrategien bekam ich auch gleich mitgeliefert.
Ich bin in den letzten Jahren viel in der Schweiz gewesen. Habe auch mitbekommen, dass man gute Pferde nicht nach Deutschland verkaufen möchte. Habe die grundsätzliche Haltung der Schweizer Züchter gegenüber den Deutschen Käufern mitbekommen. Viel mehr als ein ausgelagerter Schlachthof sind wir in Deutschland für viele Schweizer Züchter nicht. Ausnahmen gibt es, die muss man jedoch finden. Nicht, dass das bei den PREs und anderen Rassen anders wäre. Diese Erfahrungen haben mein Vertrauen in den Schweizer Freiberger Markt jedoch nicht unbedingt gestärkt. Da Tanja als Bezugsquelle flach fällt, habe ich überlegt zum jetzigen Zeitpunkt ein Nachwuchspferd von einem Deutschen Züchter zu kaufen. Während die Schweizer manchmal scheinbar das Prinzip „aus den Augen, aus dem Sinn“ leben, haben Deutsche Züchter ein Interesse ihren Kunden gute Pferde zu verkaufen. Sie müssen sich dem Markt und den Kunden in Deutschland stellen. Außerdem ist die Zucht von Freibergern in Deutschland nur mit einer gehörigen Portion Idealismus möglich, da die Rahmenbedingungen schwieriger sind, als bei der Zucht in der Schweiz. Von Nachteil ist, dass es in Deutschland noch viele Lücken im System gibt, die einen flächendeckenden Standard unmöglich machen. Auch hier muss man wissen wo man sein Pferd kauft. Das was ich suche, habe ich hier nicht gefunden. Die Tatsache, dass ich nur eine Stute kaufen würde und auch bei der Abstammung genaue Vorstellungen habe, macht das ganze noch schwieriger. Selbst in der Schweizer Heimat wächst so ein Pferd nicht auf den Bäumen. Leider sind mir in den letzten Jahren lediglich 3 Fohlen und 2 ausgewachsene Pferde begegnet, die mir so gut gefallen haben, dass ich sie hätte kaufen wollen, obwohl die Abstammung teilweise uninteressant war. Davon war es bei einigen zu früh, sie hatten das falsche Geschlecht, das falsche Alter oder ich konnte sie nicht kaufen.
Pferdekauf ist Vertrauenssache. Vertrauen darauf, dass schon die Mutter während der Trächtigkeit alles an Futter, medizinischer Versorgung und Zuwendung hatte was sie braucht. Vertrauen darauf, dass auch das Fohlen richtig gefüttert, medizinisch versorgt und gründlich erzogen wurde. Es gäbe noch unzählige weitere Dinge aufzuzählen, aber in diesem Beitrag geht es ja nicht um Zucht und Aufzucht. Es gibt Züchter, die ihre Freiberger so aufziehen, wie ich mir das vorstelle, jedoch müsste ich falls ich ein solches Stutfohlen finden, sicherlich Abstriche bei der Abstammung machen und schon als Fohlen kaufen. Ich habe noch nie ein hässliches Fohlen gesehen, das zu einem Schwan wurde, jedoch einige Schwäne, die mich ausgewachsen nicht mehr so überzeugt haben. Genetik oder Epigenetik und Aufzucht ist da die Frage???
Meine erste Freibergerstute Mandoline ist in einer großen Herde aufgewachsen. Ich denke es ist wahrscheinlich, dass sie in ihrer Jugend sehr wenig Kontakt zum Menschen hatte. Es gibt Menschen, die das so richtig finden. Vielleicht hatten diese noch nie einen total rohen ausgewachsenen Freiberger vor sich? Freiberger sind mental und körperlich sehr starke Pferde. Mit drei Jahren sind sie einfacher zu handeln als mit vier und fünf. Ich habe den Unterschied zwischen Freibergern, die mit viel positivem menschlichen Kontakt aufgewachsen sind und welchen die ohne viel Kontakt zum Menschen aufgewachsen sind selber erlebt. Richtig aufgezogen sind sie Pferde, die den Anschluss an den Menschen suchen, die gefallen möchten. Das wünsche ich mir wieder.
Wir haben sehr gute Erfahrungen damit gemacht ein Fohlen zu ziehen. Wir waren bei der Prägung von Queshya dabei und haben unser Bestes gegeben. Wir kommen prima mit unserem Nachwuchs zurecht. Keine Ahnung ob andere auch mit dem fertigen Produkt klar kämen. Queshya ist sicherlich nicht perfekt, kein Lebewesen ist das. Ich leider auch nicht. Im Vergleich mit anderen Pferden, ist sie für uns allerdings perfekt geeignet, maßgeschneidert sozusagen. Genetik oder Epigenetik? Veranlagung oder Erziehung? Oder einfach Glück? Woher soll man das Wissen?
Ich sollte vielleicht flexibler sein. Jedem potentiellen Käufer geht es so, dass er seine Wünsche an die Realität anpassen muss. Unsere Pferde sind da aber vielleicht nicht gerade hilfreich, denn wir haben ja schon genau das was wir uns wünschen und möchten keine Abstriche machen. Apropos, die von mir gesuchte Abstammung steht im eigenen Stall. Also lieber selber züchten und das Risiko eingehen total daneben zu liegen. Mit dem hässlichen Entlein, das drohend über mir fliegt kann ich mich, nach der Geburt im eigenen Stall dann eventuell doch anfreunden. Mit einem Esel nicht! Eben noch die eigenen Pferde glorifiziert und jetzt an den züchterischen Qualitäten zweifeln? Na gut, wir stellen uns der kommenden Landung in der Realität und werden so wie immer, mit beiden Beinen fest auf dem Boden stehen, das haben uns unsere Freiberger gelehrt.